Stephen King – Der Anschlag

Stephen King wurde am 21. September 1947 in Portland, Maine, geboren. Bereits mit sieben Jahren fing er an, seine ersten Geschichten zu schreiben, seinen ersten Erfolg hatte er 1974 mit dem Roman Carrie. Insgesamt hat er bisher über 40 Romane, 100 Kurzgeschichten, Novellen und Drehbücher veröffentlicht, und zusätzlich noch Essays, Gedichte, Kolumnen und Sachbücher, vieles davon unter Pseudonym.  Der Anschlag erschien im Original im Jahr 2011.

Ich gebe es zu: bis auf Stephen King’s Das Leben und das Schreiben habe ich bisher nichts von ihm gelesen. Ich bin absolut kein Horror-Fan, weder in Buch-, noch in Film- oder Serienform. Konsequenterweise ist denn nun auch mein erster Roman von King kein Horror, sondern Fantasy. Der Anschlag (eindeutiger wäre wohl „Das Attentat“ gewesen), im Original unter dem Titel 11/22/63 erschienen, hat als Aufhänger das Attentat auf John F. Kennedy, das am 22. November 1963 verübt wurde.

anschlagJake Epping ist Lehrer, der auch eine Klasse für Erwachsene unterrichtet. Dort lässt er einen Aufsatz schreiben mit dem Titel „Der Tag, der mein Leben veränderte“. Der Hausmeister Harry, einer seiner Schüler, schreibt seine Geschichte auf, wie er als Kind fast von seinem Vater ermordet wurde, und dies tut er so eindringlich, dass er eine Eins bekommt und Jake die Geschichte nicht mehr loslässt. Als Harry seinen Abschluss besteht, nimmt Jake ihn mit in ein Diner, das seinem Freund Al gehört und unglaublich gute und unglaublich billige Burger anbietet.

Zwei Jahre später bekommt Jake einen Anruf von Al, der ihn bittet, schnellstens im Diner vorbeizukommen. Als er Al sieht, ist dieser ein alter, kranker Mann, der nicht mehr lange Zeit hat. Und Jake hat nicht viel Zeit, sich zu wundern, denn Al erzählt ihm etwas Unglaubliches: wenn er durch seine Vorratskammer geht, gelangt er direkt ins Jahr 1958, und wenn er zurückkehrt, sind nur zwei Minuten vergangen. Und er hat einen Plan, den er aber aufgrund seiner Krankheit nicht mehr ausführen kann, denn jede Rückkehr rebootet die vorherigen Ereignisse. Nun hat er Jake dazu auserkoren, seine Mission zu erfüllen: Jake soll ins Jahr 1958 zurückgehen und sich an Lee Harvey Oswalds Fersen heften, damit dieser Kennedy nicht erschießt. Al denkt, wenn Kennedy nicht erschossen wird, wird der Korea-Krieg nicht stattfinden und somit eine Menge Leid der Welt erspart bleiben.

Jake wehrt sich, geht aber probeweise einmal hinüber. Er ist fasziniert, hält die Mission aber für nicht durchführbar und Al für verrückt. Doch da Jake nun gezeigt hat, wie es funktioniert, bringt Al sich um und Jake bleibt mit seinem Wissen allein zurück. Er fasst einen anderen Plan, nämlich, Harrys Vater daran zu hindern, seine Familie umzubringen und den kleinen Harry zum Krüppel zu machen.

Er geht also zurück und beginnt dort quasi ein „neues Leben“. Doch es gibt einen großen Haken:  die Vergangenheit will nicht geändert werden, und so wehrt sie sich gegen die Eingriffe. Doch Jake schafft es. Als er wieder ins Jetzt zurückkehrt, hat sich das Leben von Harrys Familie geändert, doch nicht unbedingt zum Guten. So geht Jake wieder zurück, rebootet die Ereignisse und nimmt sich dieses Mal zum Vorsatz, Als Originalplan durchzuführen. Doch es sind fünf Jahre bis 1963, und in dieser Zeit baut sich Jake ein Leben auf, findet Freunde und lernt sogar eine Frau kennen. Dennoch verfolgt er auch Oswald, wovon er natürlich niemandem etwas erzählen kann.

Auch wenn fünf Jahre eine lange Zeit sind, rückt der Tag unerbittlich näher, und ein Attentat zu verhindern, das die Weltgeschichte verändert hat, ist eine ganz andere Sache als die Geschichte einer einzelnen Familie zu ändern, und dementsprechend wehrt die Vergangenheit sich ganz gewaltig…

Wird Jake es schaffen? Und was ist, wenn er es schafft? Was passiert mit seinen Freunden, seiner Freundin, der Welt? Dies alles breitet King genüsslich auf über 1000 Seiten aus. Sprachlich mag Stephen King nicht auf der oberen Bandbreite mitspielen, aber er versteht es absolut, spannend zu erzählen. Und so habe ich, als die Geschichte ins Rollen kam, nichts anderes getan als zu lesen, zu verschlingen, rastlos eine Seite nach der anderen umzublättern, denn diese Geschichte ist das Spannendste, was ich seit langer Zeit gelesen habe.

Und sollte es noch andere Menschen geben wie mich, die nichts mit Horror anfangen können, sich aber gerne auf ein Gedankenexperiment einlassen, so kann ich dieses Buch besten Gewissens empfehlen. Vielleicht nicht unbedingt als Urlaubslektüre, denn dann hat man nichts von seinen Ferien, die 1000 Seiten brauchen Zeit.

Stephen King: Der Anschlag. Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner. Heyne, 2001. Original unter dem Namen 11/22/63 bei Scribner. 1056 Seiten.

13 Gedanken zu „Stephen King – Der Anschlag

  1. Pingback: [1001 Bücher] Stephen King – Der Anschlag - #Literatur | netzlesen.de

  2. Kann es nur bestätigen. Absolut empfehlenswerte Lektüre, die man richtiggehend verschlingt. Besonders schön an King und seinem Schreibstil finde ich, dass er es versteht, seine Geschichte behutsam zu erzählen und die Spannung nach und nach anzuziehen.

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    • Genau, danke! Und nachher wird es so spannend, dass man nichts anderes mehr tun kann. Ich nehme mal an, dass er das immer so macht, deswegen werde ich wohl mehr von ihm lesen in nächster Zeit…

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      • Dann empfehle ich dir die Reihe „Der dunkle Turm“. Dauert zwar eine Weile es zu lesen, aber es ist sein Meisterwerk. Man muss sich nur durch den ersten Band „kämpfen“, da er etwas ungewöhnlich ist, dafür aber kurz. Doch danach entfaltet er sein ganzes Können. Unbedingt im Original lesen.

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  3. Ich kann mich auch nur anschliessen das Buch ist eine absolut spannende und faszinierende Lektüre, die man wenn man einmal mit ihr angefangen hat nicht mehr aufhören kann bis es zu Ende ist.

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  4. Ich war früher total genervt von Stephen King. Ständig wurden mir seine Bücher aufgedrängt und ich fand eines dämlicher als das andere (ein mordendes Auto namens Christine war das Highlight ;))
    Bis auf Shining – das fand ich grandios. Ich konnte mich dann glücklicherweise aus den Fängen der Stephen King Fans befreien, habe eine sehr sehr lange Pause eingelegt und bin über den Film „The Green Mile“ wieder auf ihn gestossen. Ein Film den ich ebenfalls richtig gut fand.
    Habe dann zufällig in einer Verlosung sein neuestes Buch „Doctor Sleep“ gewonnen und mich nach vielen Jahren noch einmal an Shining den Vorläufer von Doctor Sleep und dann das Neueste gewagt. Stephen King ist sehr viel besser als sein Ruf, er kann wirklich gut schreiben, aber ich brauche jetzt erst mal wieder eine längere Pause. Falls ich mich dann noch einmal an ihn ranmache 😉 dann mit dem Dunklen Turm oder dem Anschlag glaube ich. Deine Rezension hat mir auf jeden Fall Lust darauf gemacht.

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    • Ich habe mich auch lange vor King gedrückt, aber ich fand den Plot hier zu interessant, und dann war es richtig spannend 🙂 Shining steht auch noch an, mal sehen, wie das dann wird, und The Green Mile hab ich nur als Film gesehen, wobei ich den hervorragend fand…
      Dann bin ich mal gespannt, ob Du Dich noch mal an ihn „ranmachst“ 🙂 Falls ja, werde ich ja darüber lesen!

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  5. Ich habe dieses Buch so geliebt, als ich es gelesen habe. Ich habe regelrecht zwischen den Seiten gelebt. King hat einfach die Fähigkeit, einen ganz tief ins Geschehen zu ziehen. Schön, dass es dir auch gefallen hat 🙂

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  6. Pingback: Buch #58: Stephen King – Shining | 1001 Bücher - das Experiment

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