Simon Beckett – Der Hof

Südfrankreich. Es ist Sommer, und glühende Hitze umfängt Sean. Er lässt das Auto, in dem er hierher fuhr, irgendwo stehen und geht zu Fuß weiter. Immer mit einem Blick über die Schulter. Auf einmal umfängt ihn ein grauenvoller Schmerz: er ist in eine Falle getreten. Und kann sich nicht befreien.

Als Sean wieder zu sich kommt, liegt er mit dick einbandagiertem Fuß in einer Scheune. Er weiß nicht, wo er ist und was geschehen ist. Mathilde, die ältere Tochter des Hofbesitzers, bringt ihm Nahrung und kümmert sich um seinen Fuß, und nach und nach bekommt er einige Details zusammen. Nur erfährt er nichts über seine ‚Gastgeber‘, Mathilde, ihre Schwester Gretchen, und ihr Vater Arnaud.

Es dauert, bis er sich wieder einigermaßen fortbewegen kann. Dann macht Arnaud ihm das Angebot, den maroden Hof wieder ein wenig auf Vordermann zu bringen, Wände neu zu mauern und ihm zur Hand zu gehen. Sean nimmt das Angebot an.

Denn es gibt noch eine Geschichte, die parallel erzählt wird. Die Geschichte, warum Sean überhaupt in Südfrankreich ist. Und warum er einiges darum gibt, dass niemand seinen Aufenthaltsort kennt. Und so scheint eine Hand die andere zu waschen, Sean hilft den Hofbewohnern im Gegenzug zu einem abgeschiedenen Rückzugsort.

Doch mit der Zeit fallen Sean einige Ungereimtheiten auf… Wem hat der Arbeitsanzug gehört, den er nun trägt? Warum reagieren die Leute im Dorf so aggressiv auf den Namen Arnaud? Wer ist der Vater von Mathildes Kind? Sean ist nicht mehr sicher, ob das Angebot eine so gute Lösung seiner Probleme ist…

Es ist schon einige Jahre her, als ich die David-Hunter-Reihe von Beckett las, aber ich habe mich damals sehr gut unterhalten gefühlt, die Romane waren spannend und anscheinend gut recherchiert, mit interessanten Plots und Figuren. Deshalb bekam ich nun „Der Hof“, als ich krank war und mich nicht so gut konzentrieren konnte, quasi ein Tröste- und Ablenkungsbuch.

Und als solches hat es seinen Zweck ganz hervorragend erfüllt. Wenn man nun aber ganz bei sich ist, bin ich mir nicht so sicher. Beckett schreibt in seiner Danksagung, er habe für diesen Roman unverhältnismäßig lange gebraucht, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Grundsätzlich hätte die Story auf die Hälfte eingestampft besser funktioniert, da die Spannung wohl größer und die Handlung schneller gewesen wären. So aber ist man in einer klebrigen Hitze auf einem abbruchreifen Hof in Südfrankreich gefangen, wo etwas passiert sein könnte oder nicht.

Die Hitze und die damit einhergehende Trägheit überträgt sich auf die Handlung. Sie geht nur sparsam voran, und wenn ich normal gelesen hätte, hätte ich wahrscheinlich nicht die Geduld dazu gehabt, zu Ende zu lesen. Auch die häppchenweise Anordnung des zweiten Handlungsstrangs macht dies nicht besser, im Gegenteil, das Gefühl der Zähigkeit verstärkt sich eher noch. Am Ende wird man dann mit einem für mich nicht unbedingt überraschenden Ergebnis abgespeist.

Sie sehen schon, dieses Buch hat mich ziemlich unbeeindruckt zurückgelassen. Ich halte Simon Beckett für einen durchaus guten Krimi-Schriftsteller, aber hier hat er voll daneben gehauen. Eine äußerst zähe Geschichte mit blass bleibenden Figuren und einem nicht überraschenden Ende. Hervorragend, wenn man krank ist oder sich nicht so gut konzentrieren kann, ansonsten würde ich jemandem, der einen spannenden Kriminalroman von Beckett lesen möchte, doch zu seiner David-Hunter-Reihe raten.

Bild: rowohlt.de

Simon Beckett wurde am 20. April 1968 in Sheffield, Großbritannien, geboren. Er hat nach seinem Master-Abschluss in verschiedenen Berufen gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Bei den Recherchen für seine Romane hat er die Polizeiarbeit genau kennengelernt. Ebenso hat er intensiv auf der Body Farm der University of Tennessee recherchiert, was in seine David-Hunter-Reihe eingeflossen ist, die von einem Forensiker handelt. Er hat den Marlowe-Award erhalten und war für den Dagger-Award nominiert. Er lebt mit seiner Frau in Sheffield.

Simon Beckett: Der Hof. Aus dem Englischen von Juliane Oahnke. OA: „Stone Bruises“, 2014. DA: Rowohlt Taschenbuchverlag, 2015

14 Gedanken zu „Simon Beckett – Der Hof

  1. Ich hab‘ vor Jahren Becketts „Chemie des Todes“ gelesen, von dem alle so schwärmten. Ich fand’s ganz unterhaltsam, es hat mich aber nicht überzeugen können, der Reihe zu folgen…Mir ging es also ähnlich wie Dir mit diesem Buch.

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  3. Juhuuuu – ein Buch das ich nicht lesen muss. Die Rezension hat mir gefallen, aber lesen mag ich es nicht. Habe vor Ewigkeiten mal ein Buch von ihm gelesen, „The Chemistry of Death“ hieß das glaube ich. Das war meine ich sehr spannend. Lese aber eher selten Krimis.

    Hoffe Du bist wieder fit. Schönen Sonntag noch 🙂

    Gefällt 2 Personen

    • Nee, das musst Du wirklich nicht lesen 🙂 „Chemistry of Death“ ist Teil der David-Hunter-Reihe, ich fand die auch ganz gut und spannend. Aber „Der Hof“ jetzt war sehr leichte Unterhaltung, also eine Empfehlung für alle, die einen Krankenbesuch machen… Ich bin wieder fit, und wurde gut abgelenkt 🙂
      Dir auch einen schönen Sonntag!

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  4. Hi Miriam,

    ich finde deinen Blog und die Idee dahinter klasse. Ich bin bei Recherchen zu meinem eigenen (noch recht neuen) Blog darauf gestoßen und habe festgestellt, dass wir oft einer Meinung sind, was die gelesenen Bücher angeht. Ich fand „Der Hof“ auch absolut unbeeindruckend und keineswegs so spannend und unterhaltsam wie die David Hunter-Reihe. Die Geschichte zieht sich endlos und der Spannungsbogen lässt zu wünschen übrig. Na ja, bis zum Ende durchgehalten habe ich immerhin :-)… Kann man gelesen haben, muss man aber nicht.

    Ich hoffe es ist ok, wenn ich dich in meine Blogroll mit aufnehme?

    Liebe Grüße
    Nadine von Tausend Leben

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    • Hallo Nadine, und herzlich Willkommen! Ja, der Hof scheint bei so ziemlich allen nicht so gut angekommen zu sein… vor allem im Vergleich zur David-Hunter-Reihe. Aber man kann ja nicht immer nen Treffer landen 🙂 Ich freue mich sehr, dass Du mich in Deine Blogroll aufnimmst und werde mir Deinen Blog gleich mal ansehen!
      Liebe Grüße zurück!

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