Nederlandstalig! Leon de Winter – Das Recht auf Rückkehr

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Leon de Winters Roman Das Recht auf Rückkehr beginnt im April 2024 in Tel Aviv. Bram Mannheim arbeitet als Rettungssanitäter und hat mit seinem Freund Ikki Peisman eine Agentur, die verschwundene Kinder aufspürt. Ihr aktueller Fall führt sie nach Jaffa auf der Suche nach einem Mädchen, das seit drei Jahren als vermisst gilt. Sie bekommen die Nachricht, dass das Kind zu kinderlosen Palästinensern gekommen war und nun tot ist.

Dann setzt in Rückblenden Brams früheres Leben ein, angefangen im April 2004. Er war ein angesehener Historiker, hatte Frau und Kind. Nach einem versuchten Überfall auf ihn nimmt er ein Angebot an, in Princeton zu lehren. Er kauft mit seiner Familie ein altes Haus, das riesig und zu großen Teilen verfallen ist. Sein vierjähriger Sohn Benny sieht in dem Haus Schlangen, was Bram beunruhigt. Und eines Tages ist Benny spurlos verschwunden. Bram wird verrückt und begibt sich auf eine Suche quer durch die USA, in der Hoffnung, aufgrund eines abstrusen Zahlensystems seinen Sohn zu finden.

Er lebt wie ein Bettler und strandet in Los Angeles. Eines Morgens rettet er einem kleinen Mädchen das Leben. Dessen Großvater will sich erkenntlich zeigen und holt schließlich Brams Vater nach L.A., einen mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Physiker, zu dessen Zahlenwelt Bram nie Zugang hatte. Brams Vater holt ihn zurück zu sich nach Tel Aviv, und langsam findet Bram in ein „normales“ Leben zurück.  Er macht „Studien“ zum Verschwinden seines Sohnes, bis er auf einen Pädophilen stößt…

Zurück im Jahr 2024 ereignet sich während einer Schicht als Rettungssanitäter ein Anschlag. Und auf einmal ist alles anders als zuvor: der Attentäter war durch die DNA-Schleuse gelangt, die das jüdische Y-Chromosom zurückverfolgen kann. Ein junger Jude hat einen Anschlag auf Israel verübt. Und plötzlich stellen sich die Fragen: ist Benny damals doch nicht einem Kinderschänder zum Opfer gefallen? Was hat es mit seinem Vater und dessen ehemaligen Arbeitskollegen auf sich? Könnte es sein, dass alles ganz anders ist, als Bram die ganze Zeit vermutet hat? Oder sitzt er falschen Hoffnungen auf, spielt das Schicksal ein grausames Spiel mit ihm?

Leon de Winter hat sich auf den 550 Seiten seines Romans eine Menge vorgenommen. Mehrere Zeitebenen, mehrere Länder, der Konflikt zwischen Israel und Palästina und nicht zuletzt der Konflikt mit dem Islam. Das sind eine ganze Menge Handlungsstränge, die er meistens souverän in der Hand hält und miteinander verwebt. Aber dies gelingt nicht immer ganz, und vor allem zum Ende hin hätten es meiner Meinung nach entweder mehr Seiten oder weniger Wendungen sein dürfen.

Nichts desto trotz ist wieder mal ein Pageturner entstanden, der sich nicht aus der Hand legen lässt. Es ist ein im Grunde deprimierendes Buch, das von Konflikten, Anschlägen, Fanatismus und zerstörten Leben erzählt. Und doch legt man den Roman zuversichtlich aus der Hand, denn de Winter streut das Körnchen Hoffnung aus, dass nicht alles verloren sein muss, dass Kommunikation möglich ist, dass auch „zerstörte“ Menschen ein Glück und ein Leben finden können.

Und so ackert man sich – manchmal atemlos, manchmal etwas übersättigt – durch diesen Parforceritt eines Zukunftsromans, um am Ende mit neuen Perspektiven und Denkansätzen wieder ausgespuckt zu werden. Auch wenn die Zeit – der Roman stammt aus dem Jahre 2008 – schon beängstigend vieles widerlegt hat, gerade was den Islam und ISIS angeht, kann man sich die Entwicklung des Nahostkonflikts so vielleicht vorstellen. Es bleibt zu hoffen, dass Leon de Winter Unrecht hat mit seinen Visionen, und, Ihnen auch diesen Roman ans Herz zu legen. Keine leichte Kost, doch immer leicht zu lesen. Ein de Winter eben.

Mehr von Leon de Winter gibt es hier.

Leon de Winter: Das Recht auf Rückkehr. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes Verlag AG Zürich, 2009. OA: Het recht op terugkeer. De Bezige Bij, Amsterdam. 2008. 550 Seiten.

8 Gedanken zu „Nederlandstalig! Leon de Winter – Das Recht auf Rückkehr

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  2. Habe bislang nur „Ein gutes Herz“ von ihm gelesen und das sehr gemocht, da geht also sicherlich noch mehr. Dieses hier klingt auch gut. Verworren und überladen aber gleichzeitig Pageturner klingt spannend 🙂

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    • Ich habe sie als sehr unterschiedlich empfunden, und „Ein gutes Herz“ hatte natürlich den Knaller wegen Theo van Gogh. Aber ich denke, wenn Du mehr von ihm lesen willst, solltest Du vielleicht eines seiner älteren Bücher lesen. Ach, gar nicht wahr, bis auf „Der Himmel von Hollywood“ haben sie mir alle gefallen 🙂

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