Ein Gespenst geht um in der Bloggerwelt, und das ist die von Sandro vom Blog novelero gestellte Frage, warum man liest. Nachdem ich diverse Antworten gelesen habe, möchte auch ich gerne meinen Beitrag hinzufügen.
Ich war seit jeher umgeben von Büchern, mir wurde als Kind vorgelesen, und ich war selten stolzer als zu dem Zeitpunkt, ab dem ich die Bücher endlich für mich allein entdecken konnte. Die Bücherei der nächsten Kleinstadt wurde über Jahre einer der wichtigsten Bezugspunkte in meinem Leben, die Kinder- und Jugendbibliothek habe ich leergelesen, um dann irgendwann auch den Rest der Bücher zu erobern.
Habe ich erwähnt, dass ich Einzelkind bin? Hier kommt nämlich der berühmte Satz, Bücher seien wie Freunde, ins Spiel. Es gibt „niemanden“, mit dem ich mehr Zeit verbracht hätte. Jahrelang habe ich auf dem Bauch unter der Stehlampe gelegen und ein Buch nach dem anderen verschlungen. Meine Eltern hätten es wohl finanziell nicht überlebt, wäre die Bücherei nicht gewesen. Und was habe ich an Schätzen geborgen!
Diese Faszination hat sich gehalten. Das Aufschlagen des Buches, das hektische Überfliegen der ersten Sätze, um dann langsam in eine ruhigere Atmung und ein ruhigeres Lesetempo zu verfallen: Ja, hier bin ich richtig, ich möchte wissen, was der Autor mir erzählen will, ich möchte an seinen Erfahrungen teilhaben, seine Gedankenwelt kennenlernen, meine Gedanken an seinen reiben. Ich möchte herausgefordert werden, möchte innerlich und manchmal tatsächlich laut schreien, sowohl aus Zustimmung als auch aus Ablehnung. Ich möchte lachen, weinen, aber vor allem eines: Ich möchte andere Gedankengänge kennenlernen. Ich brauche dieses stete Selbsthinterfragen, diese stete Auseinandersetzung, dieses Entscheidungen-treffen, ja, nein, und vor allem: warum ja oder nein?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Leser empathischer sind. Dass Menschen, die sich mit den Figuren und Gedanken in Büchern auseinandersetzen, nicht einfach so Vorurteile bilden können, denn sie wissen, dass es so nicht funktioniert. Dass man sich auseinandersetzen muss.
Hier mein Tweet zu Sandros Aufruf:
Das ist das Erste, was mir dazu einfiel. Und ich glaube, dass, würden mehr Menschen sich ständig auseinandersetzen, viele Vorurteile in sich zusammenfallen würden, und die Welt ein klein wenig besser wäre. Bücher lassen einen am Leben anderer teilhaben, und so vieles verstehen.
Aber das ist natürlich nicht alles. Ich lese auch, weil ich es liebe, bestens unterhalten zu werden. Und weil ich mit attraktiven und potthässlichen Menschen Abenteuer bestehen möchte. Und weil ich Mörder fassen, verzwickte Rätsel lösen, spektakuläre Roadtrips machen, Zusammenhänge austüfteln, Familiengeschichten verfolgen, im Sommer frieren, im Winter schwitzen, mit Zwergen, Zauberern, Elben, Aliens, und ganz normalen Menschen die Welt retten, mir Bürsten zum Putzen an die Füße binden, Quidditch spielen, einen Baseball treffen, durch die Zeit reisen, unwirkliche und wirkliche Wesen kennenlernen und noch so, so vieles mehr will. Und: Ich kann. Wenn ich lese.
Und wenn es mal nicht so klappt mit einem Buch und mir: Kein Problem, zurück ins Regal, irgendwann kommt die richtige Zeit. Und dann wird es hervorgeholt und wir unternehmen wundervolle Dinge miteinander. Vielleicht ja sogar etwas, das noch nicht vorkam. Oder besser: Hoffentlich!
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Ein wunderbares Plädoyer – danke! 🙂
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Vielen Dank!
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Wunderbarer Text. Und Deine Tweet ist einer der besten, welche ich zu diesem Thema gelesen habe.
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Dankeschön! Mir war ja ein wenig mulmig, so persönlich zu werden, aber manchmal muss man das wohl 🙂
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Pingback: Warum ich lese – novelero
Was für ein wundervoller Beitrag! Du sprichst einem richtig aus der Seele 🙂
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Vielen Dank, das freut mich sehr!
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Ein sehr schöner Text.
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Dankeschön!
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Du triffst es auf den Punkt. Wirklich schön geschrieben. Genau das ist Lesen. Danke dir für deine Worte.
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Ich danke Dir!
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Sehr schön! Ich lese gern diese Beiträge, warum die Menschen lesen … Obwohl sich für mich diese Frage nie gestellt hat. Ich lese einfach. Aber es ist schön, sich in manchen Beiträgen ein bisschen selbst zu finden, dass so viele ähnliche Gefühle, aber auch eine ähnliche Motivation haben, zu lesen.
Liebe Grüße
Petra
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Liebe Petra, das ging mir ähnlich – ich hatte mir die Frage vorher auch noch nie so richtig gestellt. Aber als ich dann die ersten Beiträge las, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich finde es auch interessant, wie sehr sich die Motivationen ähneln und auch unterscheiden!
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Wirklich wunderbar geschrieben, hab schon 2-3 mal angesetzt für diesen Kommentar, aber besser wirds nicht. Einfach klasse. Habe ich sehr sehr gern gelesen diesen Text und hier:
„Und ich glaube, dass, würden mehr Menschen sich ständig auseinandersetzen, viele Vorurteile in sich zusammenfallen würden, und die Welt ein klein wenig besser wäre. Bücher lassen einen am Leben anderer teilhaben, und so vieles verstehen.“ sprichst Du mir total aus dem Herzen.
Alles Liebe 🙂
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Auch Dir vielen Dank für Deine lieben Worte! Es ist ein bisschen komisch, dass mein Text über etwas, das „selbstverständlich“ für mich ist, so viele Menschen anspricht. Es freut mich und ermuntert mich, weiterzumachen, weiter Bücher zu empfehlen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Vielleicht ändern wir das ein oder andere, wenn es auch nur im Kleinen ist.
Ich wünsche Dir ein wundervolles Wochenende und alles Liebe zurück!
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