I did it! Mehrere Leute haben mir, bevor ich anfing zu lesen, gesagt, dass ich hierfür zwei Monate brauchen würde. Natürlich habe ich ihnen nicht geglaubt. Gut, ich habe auch nicht immer Lust zu lesen, und ich muss auch was für meinen Unterhalt tun – aber zwei Monate – ich doch nicht. Nun, ich bin eines Besseren belehrt, aber schließlich habe auch ich es geschafft.
Als ich letztens morgens im Bus saß, den Wälzer auspackte und ziemlich weit hinten aufschlug, fragte eine junge Dame mich, ob sie mich etwas fragen dürfe (nebenbei bemerkt: wie ich das hasse, frag halt einfach!). Nun, sie fragte mich also, wie ich denn dieses Buch nur lesen könne. Ich war etwas perplex, und habe wohl auch so geschaut. Sie präzisierte: Wie könne ich denn ein Buch lesen, das so depressiv sei. Ich war weiter zu perplex, etwas Sinnvolles herauszubringen und murmelte etwas von wegen, dass ich es mögen würde und es spannend sei. Dann las ich weiter. Sie aber meinte, quasi abschließend und ihre These untermauernd: Der Autor hat sich auch umgebracht!
Tja, manchmal kontere ich nicht gut genug. Aber hier liegt das Problem etwas tiefer. Es ist einfach nicht möglich, mit einer kurzen Antwort darzustellen, was dieses Buch lesenswert macht. (Jetzt würde ich ihr aber wohl sagen, wenn sie nichts Depressives oder Deprimierendes lesen mag, sei ihr freigestellt, Rosamunde Pilcher zu frequentieren.)
Also, warum Unendlicher Spaß? Ich habe in einer Bewertung mal gelesen, dass dieses Buch einen verändere. Das kann ich nun nicht von mir behaupten. Aber es macht etwas mit einem. Ich habe gelacht, geweint, mich vor Ekel geschüttelt, die Zigaretten ganz weit weggelegt, bin aufgesprungen, um mir die Zähne zu putzen, nur, um sie danach nochmal zu putzen, ich habe es angewidert weggelegt, aber im Großen und Ganzen bin ich vor allen Dingen eines: überwältigt. Überwältigt von diesem Bombast.
Man mag darüber streiten, ob man etwas über Tennismatches lesen möchte. Oder darüber, wie Drogensüchtige versuchen, clean zu werden. Oder über Filme, die nie gedreht wurden. Oder, oder, oder. Ich bin jetzt zum Beispiel nicht der größte Tennisfan. Aber die Matches werden so beschrieben, dass man den Eindruck hat, man sitze direkt am Court und sehe zu.
David Foster Wallace fordert seine Leser. Er schmeißt mit Fremdwörtern um sich, mit endlosen Beschreibungen, mit Chemikalien und Zusammensetzungen von Drogen, und all dies ist manchmal recht anstrengend. Aber all dies entwickelt auch einen mächtigen Sog. Er beschreibt die Welt, wie sie ist. Bevölkert von Idioten, die sich im Medienkonsum suhlen und das eigenständige Denken aufgegeben haben. Ein paar Idioten möchten die Weltherrschaft. Oder zumindest ihr Land zurück. Und ein paar versuchen einfach, ihre Gedanken und ihren Schmerz zu betäuben in dieser Welt.
Die Charaktere sind eigentlich alle kaputt. Keine hübschen Menschen (bis auf die, die so schön ist, dass man sie kaum ansehen kann), alle haben gravierende „Mängel“, und alle versuchen auf ihre Weise, diese Mängel so auszugleichen, dass ein einigermaßen lebenswertes Leben dabei herauskommt. Leider scheinen aber alle dabei zu scheitern. Wie im wirklichen Leben, und das ist vielleicht das, was die junge Dame angekreidet hat – das Leben ist kein Ponyhof, und meistens sind alle Bemühungen umsonst, es ist deprimierend, und eigentlich fragt man sich, was das alles soll. Und warum man sich noch in den Kopf eines Menschen begeben soll, der sich über seiner Verzweiflung umgebracht hat.
Warum ich das Buch trotzdem dringend empfehlen und allen ans Herz legen möchte: Das Leben ist kein Ponyhof, und es gibt noch andere, die Probleme damit haben. Man steht nicht allein mit seiner Verzweiflung und seinen fruchtlosen Bemühungen. Das ändert nichts, es macht nichts besser, aber ein klein wenig tröstet es.
Ansonsten kann man sich noch an der Sprachmächtigkeit erfreuen, an dieser schier unglaublichen Welt, die David Foster Wallace erschaffen hat und den Handlungssträngen, die wie ein Räderwerk ineinander greifen. Auch wenn am Ende nichts aufgelöst ist und tausend Fragen bleiben. Wie im richtigen Leben.
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